Rückblick auf unsere Usbekistan Reise

Kuppeln des Shohizinda-Ensemble in Samarkand

Kuppeln des Shohizinda-Ensemble in Samarkand

Nachdem ein wenig Zeit vergangen ist, möchte ich nun einen Rückblick auf unsere Usbekistan Reise verfassen. Ein eindeutiges Ergebnis gibt es nicht.

Wenn ich ganz ehrlich bin, dann muss ich gestehen, dass ich von dieser Reise immer noch hin und her gerissen bin. Ich kann einfach nicht eindeutig sagen, es war ein tolles Erlebnis oder es war ein Reinfall. Das ist auch einer der Gründe warum ich erst jetzt die Muße finde ein paar Eindrücke zu schildern. Ein anderer Grund war der mangelhafte und vermutlich streng kontrollierte Zugang zum Internet, der ein Berichten von der Tour unmöglich machte.

Der Kontroll- und Überwachungsstaat

Aber der Reihe nach, und bleiben wir mal bei den Restriktionen im Land. Also, was den internationalen Terrorismus angeht, so muss ich sagen, Usbekistan ist wirklich sicher, sehr sicher, absolut sicher… Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, nach dem was ich erlebt und gesehen habe, dass auch nur ein einziger Mensch mit staatsstörendem Gedankengut über die von Militär streng überwachte Grenze kommt, geschweige denn, sich für längere Zeit in dem Land aufhalten kann. Das heißt ganz konkret, Überwachung und Kontrolle wird in diesem Land ganz groß geschrieben.

Dass man ein gültiges Visum für die Einreise haben sollte versteht sich ja von selbst. Aber das Erste was nach der Einreise geschah, war der Einzug unserer Pässe durch die dortige Reiseagentur. Zumindest gab sich der freundliche Herr als Vertreter derer dafür aus. Nach einer gewissen Bewusstseinsminute kam dann doch schon die Frage auf, wem wir da eigentlich den Pass übergeben haben und wofür? Nun gut, da mussten wir jetzt durch. Die Pässe wurden auch wenig später von ihm an der Rezeption unseres ersten Hotels inTaschkent abgegeben.

Irra in typischer Pose

Irra in typischer Pose

Nach dieser Einreise Zeremonie brauchten wir an dem Abend noch ein Bier. Welches Erlebnis das war, hat Helmi ja schon im vorherigen Beitrag beschrieben. 🙂 Am nächsten Tag lernten wir dann auch unsere Reiseleiterin kennen. Sie hat uns zunächst über die Gepflogenheiten im Land aufgeklärt, wobei sie auch auf den Punkt kam, dass usbekische Polizisten deutsche Reisepässe lieben; auch wenn sie sie verkehrt herum betrachten. Wir sollten sie gewähren lassen.

Fotografieren verboten

Bei dem Punkt „fotografieren“ hab ich natürlich ganz genau hin gehört. Sie hat sich wirklich die Mühe gemacht ALLES auf zu zählen, was nicht fotografiert oder nur gegen Bezahlung fotografiert werden darf. Sie wäre schneller gewesen, wenn sie erzählt hätte, was überhaupt fotografiert werden darf. Nämlich fast Nichts! Landschaft und Natur sind ok, wobei da auf eventuelle Fahrzeuge oder Gebäude zu achten sei, denn die könnten ja unter das Fotografierverbot fallen. Aber auch die Leute, wenn sie einstimmten und keine Uniform anhatten. Letzteres hat sich dann doch als recht ergiebig heraus gestellt, obwohl immer mehr als genug Uniformträger anwesend waren. Das Problem mit den Uniformträgern kannte ich schon aus Marokko, wo sie sehr heftig schon auf den Versuch eines Fotos reagierten. Weitere Fotografierverbote wurden dann noch an speziellen Orten ausgesprochen, wie z.B. im Zug oder in einer orthodoxen Kirche oder die Arbeiter auf dem Feld … Eben alles was Usbekistan in der weiten Welt in ein zweifelhaftes Licht rücken könnte.

Besonderes Erlebnis am Kamchik Pass

Kamchik Pass mit Blick auf das Tchin Tchen Gebirge

Kamchik Pass mit Blick auf das Tchin Tchen Gebirge

Ein besonderer Fall des Fotografierverbotes stellte der Kamchik Pass dar. Jener Pass der Usbekistan vom Ferganatal trennt. Hier und bei der Durchfahrt sollte man die Kamera am besten tief verstecken und auch das Mobiltelefon in den Flugmodus schicken. Sonst kann es einem so ergehen wie uns, dass nämlich am Ende des Tunnel plötzlich ein bewaffneter Soldat auftaucht und sich in den Weg stellt. Dass man in diesem Fall besser anhält, versteht sich von selbst. Er wollte wissen wer im Tunnel telefoniert hat.

Helmis Mobiltelefon war aktiv, weil sie sich dazu entschlossen hatte während der Fahrt etwas andere Musik zu hören als Rap von Dr. Alba. Leider war das Handy aber auch auf der Suche nach einem Netz und genau das wurde im Tunnel registriert. Erschreckt und verdutzt gewährte sie ihm ihr Mobiltelefon. Die Fahrt konnte erst und gottseidank weiter gehen nachdem er den Speicher des iPhones nach verdächtigen Inhalten durchsucht hatte. Die Situation war wirklich ernst und ich glaube jeglicher Versuch mit ihm eine Diskussion zu beginnen hätte eine Eskalation zu Folge gehabt. Zu unseren Ungunsten natürlich.

Dieses Erlebnis ging Helmi noch Tage nach und ich wusste, dass die Fotografierverbote wirklich ernst zu nehmen sind. Von daher konnte ich einige interessante Orte und Ereignisse leider nicht im Bild festhalten. Ich hab es mir dennoch nicht nehmen lassen, die Kamera hier und da mal neben die Spur zu halten, wenn auch nur aus dem Auto heraus.

Das Reiseprogramm

Aber wie war denn eigentlich die Spur, also die Orte und Ereignisse die uns präsentiert wurden? Naja, wie ich denn schon aus der Reisebeschreibung vermutete, es war eine straffe Abfolge und leider nicht immer so blumig wie es angepriesen wurde. Ich möchte hier nicht wieder alle Stationen ab arbeiten, sondern nur ein paar bemerkenswerte Stationen schildern. Auf detaillierte Beschreibungen werden ich oder Helmi in gesonderten Beiträgen eingehen.

Poster im deutschen Kulturzentrum in Fergana

Poster im deutschen Kulturzentrum in Fergana

Deutsche Kulltur in Usbekistan!

Also da wäre der Besuch des deutschen Kuturzentrums in Fergana am 4. Tag. Die Bilder und Poster an den Wänden gaben schon mal einen Vorgeschmack, welcher Teil der deutschen Kultur hier gepflegt wird. Ich meine, auch das heutige Deutschland hat schon viele Facetten, sowohl gesellschaftlich als auch kulturell. Aber warum muss man sich denn unbedingt das Deutschland des dritten Reiches heraus picken. Nicht nur ich, sondern auch der Rest der Reisegruppe, war zu diesem Umstand doch etwas ratlos. Ich hätte auch erwartet, dass es einen Austausch, bestenfalls sogar einen Diskurs, mit der Gemeinschaft gegeben hätte; ich hätte mich wirklich gefreut.

Aber Fehlanzeige, im deutschen Kulturzentrum wurde durchweg russisch gesprochen, obwohl uns versichert wurde, dass die Leiterin auch deutsch verstehen würde. Aber auch hier war stets eine Übersetzung seitens unserer Reiseleitung nötig. An Austausch war da nicht mehr zu denken. Es war lediglich eine Präsentation einer deutschen Kulturpflege, die nichts mit der Realität des heutigen Deutschland zu tun hat.

Russische Avantgarde

Da war der Besuch des Savitskiy Museums in Nukus am 5. Tag. Hier sollte russische Avantgarde Kunst gezeigt werden. Es gibt von der Sammlung keine Fotos, da ich für das Fototicket von umgerechnet 10 € in diesem Fall wirklich zu geizig war. Aber selbst wenn, es hätte sich nicht gelohnt überhaupt den Objektivdeckel ab zu nehmen. Die gesamte Ausstellung bestand aus einem Sammelsurium an Bildern verschiedener mir nicht bekannter Künstler, vorzugsweise aus Zentralasien. Gemischt mit archäologischen Funden aus der Gegend um Nukus. Was davon nun Avantgarde Kunst gewesen sein sollte hat sich nicht nur mir nicht erschlossen, zumal ich auch keine Struktur in den Ausstellungsstücken erkennen konnte. Also es war irgendwie ein vollgepacktes Heimatmuseum, dass man sich eigentlich ersparen konnte.

Die Wüste Kysylkum mit der Festung

Die Wüste Kysylkum mit der Festung Ayaz Kala

Jurtesiedlung für Touristen

Gleich danach, also am frühen Vormittag ging es dann weiter zur Festungsanlage Ayaz Kala und der daneben liegenden Jurtesiedlung. Die Festung ist heutzutage eher ein Lehmberg, genauer gesagt zwei Lehmberge, wo sich erahnen läßt, dass dort mal eine Festung stand. Spektakulär ist anders! Ich hätte nun erwartet mit den Jurtebewohnern über ihr Leben in der Wüste ins Gespräch zu kommen, aber auch da Fehlanzeige. Die Jurtesiedlung ist einer der wenigen registrierten Hotels, in denen auch ausländische Reisende übernachten dürfen. Eben so wie die Usbeken, nur komfortabler. Der Tee wurde in einer der Jurten serviert und wir wurden uns selbst überlassen. Zu dem Zeitpunkt setzte bei vielen von uns die Erkenntnis- und Warnehmungsaufnahmegrenze ein. Es war eben bis dahin zu viel, und doch irgendwie zu wenig.

Souvenir Laden in Chiwa

Souvenir Laden in Chiwa

“Freilichtmuseum” Chiwa

Da war Chiwa, dass in mir die Erinnerung hochkommen ließ, als wir in Rhodosstadt die Zitadelle besuchten. Alles schien romantisch und historisch spannend, also was zum entdecken. Bis wir in die Hauptgasse einbogen und plötzlich rummelplatzähnliche Zustände vorfanden. So auch hier und ich muss sagen kitschiger geht nimmer. Ich dachte irgendwie, Usbekistan würde sich nun 20 Jahre nach der Unabhängigkeit ganz langsam dem Tourismus öffnen und Alles wäre noch nicht so abgegriffen wie z.B. in Marokko. Aber ganz weit gefehlt!! Es sind nicht etwa Touristen aus Europa, für die diese These vielleicht zutreffen mag, nein, das Touristen Heer kommt aus den umliegenden Ländern und die mögen es eben kitschig.

Außerdem glaube ich auch, dass man der Meinung ist, dass es für Europäer und den Rest der Welt attraktiv ist, die historischen Bauwerke im Disneystil zu präsentieren. Genauso wie unser Fahrer ins Ferganatal wohl der Meinung war, dass wir Rap von Dr.Alba ganz toll finden. Verschärfend kommt noch hinzu, dass man begonnen hat, die umliegenden Medinas (die heissen da Machallas) niederzumachen und die Bewohner umzusiedeln.

Touristinnen bei einer Fotosession in Chiwa

Touristinnen bei einer Fotosession in Chiwa

Damit wird so eine Oasenstadt wie Chiwa mehr und mehr zum Ausstellungsstück ohne jegliches Eigenleben und Authentizität. Und genau das war es auch, was ich bei all den weiteren Bauwerken vermisst habe. In Marokko gibt es auch Medresen und Moscheen. Jedoch innerhalb einer bewohnten Medina und man spürt, die Kultur ist über Jahrhunderte gewachsen und wird bis heute am Leben erhalten und gelebt. Natürlich sind die Medresen in Marokko heute auch nicht mehr in Betrieb, aber man hat einfach das Gefühl als seien die Studenten gestern erst ausgezogen und all das wird von den Menschen geehrt und getragen. Authentisch eben! Nicht so in Usbekistan.

Restaurierung der Baudenkmäler

In einer der Medresen vom Registan Ensemble findet man eine kleine Fotoausstellung wie diese Bauwerke vor 25 Jahre aussahen. Etwa so wie nach einem Bomben Angriff oder so ähnlich  wie die Ayaz Kala Festung. In über 70 Jahren russischer

Das Registan Ensemble in Samarkand

Das Registan Ensemble in Samarkand

Herrschaft, in der es in Usbekistan ausschließlich um die Baumwollproduktion ging, hat man die Bauwerke auch systematisch verfallen lassen. Man wollte den Usbeken ihre Identität nehmen, was auch leider größtenteils gelungen ist. Erst mit der Unabhängigkeit begann man, sich wieder auf die eigenen Wurzeln zu besinnen und in dem Zusammenhang die Bauwerke nach Überlieferungen wieder auf zu bauen.

Das hat man sehr gut hingekriegt, wirklich meine Hochachtung. Aber die Menschen haben nicht den nötigen Ehrbezug zu ihrer Kultur. Und das ist eben deutlich spürbar, für jeden der andere arabische Gedenkstätten besucht hat. Dort wäre es nämlich undenkbar, dass z.B. in einer solchen Medrese die Studentenzimmer als Souvenirshops genutzt werden.

Die Menschen

Auf der anderen Seite hab ich noch auf keiner Reise so viele herzallerliebste Menschen getroffen, unsere Reiseleiterin Irra mit eingeschlossen, als auf dieser Reise durch Usbekistan. Egal ob Usbeke, Kasache, Tadschike oder Kirgise, obwohl ich bis heute nicht alle auseinander halten könnte, sie alle haben uns alssehr willkommene Gäste empfangen und uns dieses auch immer wieder spüren lassen.

junge Frauen in Buchara, Hey :)

junge Frauen in Buchara, Hey 🙂

Auf den Basaren, auf denen ich meist allein mit der Kamera unterwegs war, war ich die meiste Zeit damit beschäftigt eine spärliche Konversation zu betreiben. Das Wort Germanski reichte schon aus um in ein gestenreiches Gespräch verwickelt zu werden. Nach so einem Basar Rundgang war für mich das erste Mittagessen auch schon erledigt. Ich sollte ja schließlich mein Urteil über den Wohlgeschmack der angebotenen Köstlichkeiten abgeben.

Usbekische Hochzeit

ein usbekisches Brautpaar wohlhabender Familien

ein usbekisches Brautpaar wohlhabender Familien

Ein anderes herausragendes Erlebnis war der Besuch auf einer usbekischen Hochzeit. Durch Zufall bemerkten wir dieses Ereignis in einem Nobelhotel in Samarkand. Wir wollten eigentlich nur einen Blick auf das Brautpaar erhaschen. Aber nein, wir wurden gleich hinein gezogen und in die laufende Party eingebunden. Wie selbstverständlich wurden uns Speisen und Getränke angeboten. Es schien mir, als empfand man es als Ehre, dass auch europäische Gäste am Glück des Brautpaares teilhaben wollten. Von allen Seiten kam uns ein strahlendes Lächeln entgegen. Das war wohl die usbekische Gastfreundschaft par excellence.

Die vergessene Mütze

Noch ein anderes berührendes Erlebnis war als ich meine Mütze im Flugzeug nach Nukus vergaß. Wir waren an dem Tag seit 02:30 Uhr auf den Beinen. Nach der Landung in Nukus mussten wir das Rollfeld queren. Auf halber Strecke merkte ich, dass ich meine Mütze im Flugzeug vergessen hatte. Ich rannte noch zurück, aber vergeblich, alles war schon aufgeräumt. Mütze weg! Nach der Gepäckausgabe verweilten wir noch ein wenig im Flughafengebäude und ich schaute noch etwas frustriert aus dem Fenster auf die Rollbahnen. Plötzlich sah ich einen Polizisten herbei eilen, und was hatte er in der Hand? Meine Mütze! Er hatte mich vorher schon beobachtet und nun freute er sich, mir eine Freude gemacht zu haben. So eine blöde Mütze, hätte hierzulande so Mancher gedacht. Mir war sie aber wichtig und er hatte es gemerkt.

Viele andere kleinere Begegnungen und Erlebnisse mit den Menschen haben mir immer wieder gezeigt, ich bin nicht nur willkommen, sondern es war für die Menschen eine Freude mich da zu haben.

Mein Fazit

Vielleicht wird man nun verstehen, warum ich von dieser Reise so gespalten bin. Auf der einen Seite der absolute Kontroll- und Überwachungsstaat mit seiner teils unsinnigen Bürokratie und die Präsentation der Baudenkmäler im Disneystil ohne Entdeckungswert. Auf der anderen Seite aber die lieben Menschen, die mich mit ihrer Herzlichkeit und Neugier zu tiefst berührt haben. Zum Schluss denke ich, ich sollte die Präsentationen und das Reiseprogramm einfach mal in den Hintergrund stellen und die kleinen und großen Erfahrungen mit dem Volk der Usbeken als das wahre Erlebnis dieser Reise sehen. 🙂

Wie schon erwähnt, werde ich auf einzelne Ereignisse und Örtlichkeit mit einem Beitrag gesondert eingehen. Wer nun neugierig und ungeduldig auf weitere Fotos von Usbekistan ist, dem empfehle ich meinen iCloud Travel Photography Stream, den ich jeden Tag mit neuen Fotos bestücke. Genießt es 🙂

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