Angeregt durch den Besuch der aktuellen Ausstellung von Karl Lagerfeld im Folkwang-Museum in Essen, möchte ich mit diesem Beitrag in Wort und Bild meine Eindrücke festhalten und diese Ausstellung allen Kunst-Interessierten weiterempfehlen.
Wer ist Karl Lagerfeld? Was wissen wir über diesen Mann? Was weiß ich über ihn?
Mit seinem Namen verbinde ich Mode. Nein, nicht einfach nur Mode, sondern Haute Couture. Die gehobenen französischen Modelabel, wie beispielsweise Chloé und vor allem Chanel. Wer kennt nicht das „kleine Schwarze“, das jede Frau im Kleiderschrank haben musste. Ich persönlich denke bei Chanel allerdings zuerst an das Parfum „Chanel No. 5“. Meine Mutter liebte es, und nur zu besonderen Anlässen tupfte sie sorgsam jeweils einen Tropfen der kostbaren Flüssigkeit hinter ihre Ohren. Schon damals kostete dieses Parfum mehr als 50 Deutsche Mark, und das war für meine Mutter der Inbegriff von Luxus.
In der Tat ist Karl Lagerfeld uns allen zu allererst und insbesondere als Moderschöpfer bekannt. Schon lange hat er sein eigenes Imperium, arbeitete zeitweise aber auch mit weniger luxuriösen Marken wie dem Jeans-Hersteller Diesel, dem Versandkaufhaus Quelle und auch mit dem Discounter Hennes & Mauritz zusammen.
Er gilt zudem als Entdecker des ehemaligen Top-Models Claudia Schiffer. Sie war in den neunziger Jahren neben Tatjana Patitz und Nadja Auermann das wohl bekannteste Modell aus Deutschland.
Seine Markenzeichen sind der weiße Haarzopf und eine dominante dunkle Sonnenbrille, die er ständig trägt. Sie lassen ihn extravagant erscheinen, was er mit weiteren Accessoires, wie Handschuhe, auffälligem Silberschmuck und engen dunklen Jacketts und Jeans weiter betont.
Das war’s. Mehr wusste ich nicht über ihn. Und mehr hatte mich bisher auch nicht interessiert. Heute weiß ich, dass ich ihm damit Unrecht getan habe.
Angeregt durch einen Fernsehbericht in WestArt oder Akzente – so genau weiß ich das nicht mehr – habe ich vor gut einer Woche die Ausstellung „Parallele Gegensätze / Fotografie – Buchkunst – Mode“ im Folkwang-Museum in Essen besucht. Erst hier wurde mir bewusst, welch eine Kreativität und Genialität sich in diesem Mann verbergen. Ich selber bin mir danach sehr klein vorgekommen, und musste mich damit trösten, dass es auf dieser Welt auch Ameisen geben muss, die die einfachen Arbeiten verrichten. Und eine Ameise ist dieser Mann auf keinen Fall.
„Ich habe das Glück, im Leben das machen zu können, was mich am meisten interessiert: Photographie, Mode und Bücher.“
(Karl Lagerfeld)
Mag es noch so viel Kritik an ihm oder dieser Ausstellung geben, mir hat das, was ich gesehen habe, gefallen und noch mehr, es hat mich beeindruckt.
Er ist nicht nur ein anerkannter Modedesigner, nein er verfügt noch über viele andere künstlerische Fähigkeiten. In seinen zahlreichen Fotografien versteht er es, die Bilder sprechen zu lassen. Sorgfältig inszenierte und ins rechte Licht gerückte Geschichten werden in seinen Fotos lebendig. Ob in Anspielung an den amerikanischen Maler Edward Hopper, der bekannt ist für seine realistischen Bilder mit unterkühlter, einsamen Stimmung, oder in pantomimenhaften Darstellungen unterschiedlichster Gefühle, wie Hass und Neid, Schüchternheit und Lüsternheit.
Natürlich sind die eigenhändig angefertigten Skizzen für seine Modekreationen zu bewundern. Mit wenigen, raschen Strichen, auf das Minimum beschränkt, wird die jeweilige Silhouette für den neuen Entwurf angedeutet. Nun ja, das ist sein eigentlicher Job. Da habe ich nichts anderes erwartet. Auch die Modepuppen mit Kleidern seiner aktuellen Kollektion überraschen mich nicht. Ausgefallene Stoffe, ungewöhnliche Schnitt, dies ist üblich in der Haut Couture.
Dass er aber die Bühnenausstattung für die großen Modeschauen selber entwirft, damit hatte ich nicht gerechnet. Jeweils einem anderen Motto folgend, werden die Schauplätze für jedes Jahr sorgfältig geplant. Nichts bleibt hier dem Zufall überlassen.
Beeindruckend auch ein Steinway-Klavier mit Hocker, von ihm in klaren Linien und schlichtem schwarz mit roten Akzenten entworfen. Und das, obwohl er – wie er selber zugibt – kein Klavier spielen kann.
Ich kann und möchte gar nicht alles beschreiben, was es in dieser Ausstellung zu sehen und zu entdecken gibt. Am Ende muss jeder selbst entscheiden, wie er die Arbeit von Karl Lagerfeld bewerten will.
Am Ende steht für mich fest: Man muss ihn nicht mögen, aber man muss ihn bewundern.
Er hat seine ganze Kraft und sein Können in sein Lebenswerk gesteckt. Und das mit einer bewundernswerten Ausdauer, Präzision und Ästhetik. Natürlich ist er kein Mahatma Gandhi und kein Nelson Mandela. Aber die Welt braucht ebenso Kultur und schöne Dinge, an denen man sich erfreuen kann. Und auf diesem Gebiet hat er wahrlich Großes geleistet.