Wie findet man die ideale Frau? Lässt sie sich mittels eines Fragebogens bestimmen? Kann ich für mich selber festlegen, wer idealerweise zu mir passt? Oder schließe ich damit von vornherein liebenswerte Eigenschaften aus, die ich möglicherweise noch gar nicht kenne! Und wo bleibt dabei die Liebe? Also doch lieber alles dem Zufall überlassen? Die Antworten hierauf findet man vielleicht in dem heiteren Roman „Das Rosie-Projekt“ von dem australischen Schriftsteller Graeme Simsion.
Das Ehefrauen-Projekt
Don Tillman, ein Professor für Genetik, leidet unter dem Asperger-Syndrom. Sein Tag ist durchgetaktet. Jede Minute ist verplant. Alles muss seine bestimmte Reihenfolge habe. Der Speiseplan sieht für jeden Tag der Woche das gleiche Menü vor. Alles wird so lange optimiert bis es nicht mehr besser geht. Eine andere Person passt in diese Ordnung nicht hinein, es sei denn sie hätte die gleichen Eigenschaften wie man selbst. Aber allein bleiben ist auch keine Option.
So startet Don sein Ehefrauen-Projekt. Er erstellt einen 16-seitigen Fragebogen, mit dessen Hilfe er auf wissenschaftlich korrekte Weise die Frau finden will, die zu ihm passt – oder anders gesagt, die es mit ihm möglicherweise aushält. Die Ausbeute ist gering. Einige wenige Treffen erweisen sich als Zeitverschwendung.
Das Rosie-Projekt
Noch während Don auf der Suche nach der idealen Frau ist, lernt er Rosie kennen. Sie entspricht in keinster Weise den im Fragebogen abgefragten Merkmalen. Sie ist absolut unpünktlich, trinkt und raucht und mischt sich ungefragt in alles ein. Als Ehefrau kommt sie also nicht in Betracht. Dennoch treffen sie sich ein paar Mal. Denn sie will ihren leiblichen Vater finden und Don soll ihr dabei helfen. Don muss die komischsten Situationen meistern und findet plötzlich Gefallen daran. Mit der Zeit erkennt er, dass die schönsten Momente in seinem Leben diese Treffen mit Rosie sind. Daraus entsteht am Ende das Rosie-Projekt.
Nun überlegt er, wie ER sich ändern muss damit er zu Rosie passt. In der Beziehung mir Rosie lernt Don, dass Veränderungen auch Spaß machen können. Je mehr er diese Erfahrung macht, desto mehr kann er sich auf Rosie einlassen.
Ob das schließlich zu einer dauerhaft glücklichen Partnerschaft führen kann ist ungewiss. Aber viele Ehen scheitern schon an anderen Ursachen. Geben wir ihnen also eine Chance.
Das Asperger-Syndrom
Wie schon erwähnt leidet Don an dem Asperger-Syndrom. Gefühle und Wünsche seiner Mitmenschen nimmt er kaum wahr und er kann deshalb auch nur schlecht auf sie eingehen. Das erschwert soziale Kontakte und führt häufig zu Missverständnissen. So flüchtet er sich noch mehr in seine eigene Welt. Denn nur in seinen eigenen Ritualen findet er den nötigen Halt. Veränderungen machen ihm Angst.
Aber Don hat auch viele Stärken, die ihm Anerkennung bei anderen Menschen bringen. Wenn er etwas lernen will, dann kann er sich intensiv mit dem Neuen beschäftigen bis er es perfekt beherrscht. Er verfügt über sehr viel Ausdauer und ein enormes Gedächtnis. Damit kompensiert er oft den Mangel an Empathie. Er merkt sich einfach wie Menschen auf bestimmte Situationen reagieren.
In der vorliegenden Geschichte werden die Stärken und Schwächen von Don aufgezeigt ohne ihn ins Lächerliche zu ziehen.
Humorvoll und unterhaltsam
Wie die Geschichte ausgeht, soll hier nicht verraten werden. Es ist ein humorvoller Roman, der mir von einer guten Freundin empfohlen worden ist. Das Buch sollte mich in der schweren Corona-Zeit auf heitere Gedanken bringen. Und das ist gelungen.
Ich musste an vielen Stellen schmunzeln. Sei es die Szene als Don mit einer Auserwählten auf dem Akademikerball vor aller Augen tanzen musste. Dabei hatte er sich das Tanzen erst kurz vorher ohne Musik mit einem Skelett als Tanzpartnerin beigebracht. Das funktionierte so natürlich nicht. Oder aber seine perfekte Rolle als Aushilfskellner und Barkeeper, nachdem er nur wenige Tage lang anhand eines Buches das Mixen von mindestens hundert verschiedenen Cocktails ausprobiert hatte. Am Ende bekam er sogar ein Job-Angebot als Barkeeper.
Manchmal habe ich mich dabei ertappt, vielleicht auch ein wenig autistische Züge zu haben. Aber hat nicht jeder Mensch Eigenheiten, über die andere lächeln. Sei es ein ausgeprägter Sinn für Ordnung, extreme Pünktlichkeit, übertriebene Sauberkeit, bedingungslose Ehrlichkeit oder ein Streben nach absoluter Gerechtigkeit. Jeder Leser und jede Leserin wird sich in diesem Buch an irgendeiner Stelle wiederfinden.
Wir sollten also nicht gleich über andere lachen, wenn sie Rituale pflegen, die uns seltsam erscheinen. Stattdessen sollten wir überlegen, welche merkwürdigen Gepflogenheiten wir selber an den Tag legen. Freundschaften und Partnerschaften halten nur, wenn man sich mit allen Schwächen und Fehlern gegenseitig akzeptiert und respektiert.
Graeme Simsion – Das Rosie-Projekt
FISCHER Taschenbuch, Januar 2015
Taschenbuch, 368 Seiten, EUR 11,00 € [DE]
ISBN 978-3-596-19700-2
Ein wenig Asperger Syndrom haben wir doch alle. Je älter umso mehr. Wenn dann so Gegensätze auf einander treffen entstehen natürlich Spannungen die dann durchaus humorvoll gelöst werden können. Ich denke davon lebt wohl das Buch. Es ist bestimmt kurzweilig.
lg burkhard
Danke für Deinen Kommentar. Ja, das Buch war kurzweilig und leicht zu lesen. Gute Unterhaltung. Es muss ja nicht immer schwere Kost sein.
LG Helmi
Du beschreibst das Rosie-Projekt so spannend, dass ich gleich beginnen möchte, das Buch zu lesen.
Wie lieb mir Gewohnheiten sind, stelle ich mit zunehmendem Alter immer häufiger fest. Also könnte ich sicherlich noch etwas von dem Protagonisten lernen.
LG Gertrud
Leider kann ich dir das Buch nicht geben, da ich es selber nur ausgeliehen habe. Aber es lohnt sich. Keine direkt anspruchsvolle Literatur, aber gut zu lesen und gerade jetzt ein guter Zeitvertreib mit Schmunzel-Garantie. LG Helmi