Eine Übernachtung der besonderen Art

Eine Übernachtung der besonderen Art erwartet uns heute. Das Gästehaus in Tafi Atome war einem Sturm zum Opfer gefallen. Wir mussten improvisieren.

Wir kommen am frühen Nachmittag in Tafi Atome an. Laut Reiseplan sollen wir im hiesigen Gästehaus übernachten. Während Kofi uns anmeldet, sitzen wir von der Hitze erschöpft auf einer harten Holzbank. Es dauert, und dauert, und Kofi diskutiert ziemlich lautstark in seiner Sprache, die ich natürlich nicht verstehe. Was mag los sein? Nach einer gefühlten Ewigkeit erklärt er uns, dass das Gästehaus einem Sturm zum Opfer gefallen war. Es sei noch nicht wieder aufgebaut worden. Aber wir könnten in einer privaten Unterkunft übernachten. Ich weiß nicht, ob ich das nun spannend finden soll, oder eher nicht. Kofi schlägt vor, wir sollten uns das Zimmer zumindest einmal ansehen. Es sei hilfreich, wenn wir im Dorf übernachten würden, da uns abends noch ein besonderes Programm erwarte. Das leuchtet mir ein.

Private Unterkunft

Wir begleiten also Kofi und den Gastgeber durch das Dorf. Schließlich bleiben wir vor einem kleinen einfachen Steinhaus stehen. Dort wohnt ein alter Mann. Wir betreten seine Wohnung und er zeigt uns den für uns vorgesehenen Schlafraum und das Gemeinschaftsbad. Der Raum ist ziemlich klein, kaum größer als das Bett, und vor allem sehr dunkel und stickig. Kofi fragt, ob das Zimmer für uns in Ordnung sei. Burkhard überlässt mir die Entscheidung. Ich bin nicht sehr begeistert. Es ist zu dunkel, als dass ich erkennen kann, ob das Bettzeug sauber ist. Ich bekomme jetzt schon Platzangst und Atemnot. Gedanklich schwanke ich hin und her. Zwar ist mir bewusst, dass die Unterkünfte auf dieser Ghanareise teilweise recht einfach sein konnten, aber irgendwo gibt es dann doch eine Grenze des Zumutbaren. Zumal die Reise so preiswert auch nicht war. Wäre es nun ein Notfall und es gebe gar keine andere Möglichkeit, dann ja. Aber so bitte ich Kofi darum, dass er sich nach einer Alternative erkundigen möge. Unser Gastgeber erklärt, nur wenige Autominuten entfernt solle es eine Hotelanlage geben. Von dort könnten wir dann ohne Probleme abends ins Dorf zurückkehren.

Hotelanlage der besonderen Art

Wir fahren also die Straße zurück und halten Ausschau nach einer Hotelanlage. Es gibt in dieser Umgebung kaum Bebauung. Ein Hotel müsste deswegen relativ schnell auffallen. Aber was versteht man in Ghana in dieser Umgebung unter einem Hotelkomplex. Die Vorstellungen eines Europäers und eines Afrikaners sind hier wahrscheinlich sehr unterschiedlich. Schließlich erkennen wir am linken Straßenrand ein ziemlich neu aussehendes Bauprojekt. Drei Reihen weiß getünchter Ferienhäuser, ein paar angelegte Wege und ein zentrales Gebäude mit offener Terrasse. Das Gelände ist eingezäunt. Das könnte die Hotelanlage sein. Außer einem jungen Mann sehen wir dort allerdings niemanden. Alles sieht noch ziemlich unfertig aus. Wir machen uns bemerkbar und der junge Mann öffnet uns das Tor, so dass wir mit dem Auto auf das Grundstück fahren können. Wie sich herausstellt, ist die Anlage noch nicht eröffnet, allerdings sind einige Zimmer schon bezugsfertig. Kofi und der junge Mann verhandeln ein wenig. Am Ende bekommen wir die Zusage, eine Nacht hier zu verbringen.

Klimaanlage und Toilette mit Wasserspülung

Von den Räumen sind wir richtig begeistert. Für ghanaische Verhältnisse sind sie hell und groß. Es gibt eine Klimaanlage, im Bad funktioniert alles. Sogar eine Toilette mit Wasserspülung steht zur Verfügung. Erleichtert holen wir die Reisetaschen aus dem Auto und machen im kühlen Zimmer eine kurze Siesta.
Um fünf Uhr nachmittags versammeln wir uns auf der Terrasse vor der Küche. Inzwischen sind auch Frau und Kinder des jungen Mannes eingetroffen. Die Kinder, ein Junge und ein Mädchen, sind zunächst sehr schüchtern. Sie verstecken sich hinter dem Bartresen. Aber unser Fahrer macht mit ihnen seine Späßchen und so werden sie nach kurzer Zeit etwas zugänglicher.
Wir schauen uns ein wenig um. Obwohl noch nicht alles fertig ist, gibt es bereits riesige Lautsprecherboxen, die auf ihren Einsatz warten. Das scheint in Ghana das Wichtigste überhaupt zu sein. Ohne Musik kann man hier nicht leben. Und laut sein muss die Musik, deswegen immer diese überdimensionierten Lautsprecherboxen.

Reis mit Hühnchen

Kofi besorgt uns ein kühles Bier und wir setzen uns alle gemeinsam an den großen Tisch auf der Veranda. Zum Glück haben wir Kofi dabei. Er hatte den jungen Mann gebeten, für uns etwas zum Essen zu besorgen. In der noch nicht fertig eingerichteten Küche hat er für uns Reis mit Hühnchen zubereitet. Für jeden gibt es nun eine riesige Portion Reis, der hier in Ghana wirklich sehr lecker ist. Dazu wird eine scharfe Tomatensoße gereicht, in der ein paar Zwiebelstückchen schwimmen und ganz wenige, kleine Stücke von gegrilltem oder gebratenem Hühnchen. Die Sauce ist zwar scharf, aber in Kombination mit dem Reis für meinen Geschmack genau richtig.
Das Hühnchen besteht allerdings fast nur aus Knochen und Knorpel. Das können nur die Reste aus Europa sein! Denn bei uns isst man ja bekanntlich nur die Schenkel und vor allem das magere Brustfleisch, der Rest wird nach Afrika exportiert. Nun sitze ich also auf der anderen Seite! Wie ein Hund, dem sein Herrchen die Knochen zum abknabbern überlässt. Ich schäme mich dafür. Wir leben im reichen Europa im Überfluss, und exportieren unseren Abfall und unsere Reste nach Afrika. Das führt dann dazu, dass sich Landwirtschaft oder Geflügelzucht in Afrika nicht mehr lohnen. In Ghana und anderen schwarz-afrikanischen Ländern muss die Bevölkerung dann davon leben, was wir nicht mehr gebrauchen können oder nicht mögen. Ich nehme mir fest vor, künftig nur noch ganze Hähnchen zuzubereiten, damit gar nicht erst Reste anfallen.
Zumindest das Bier wird in Ghana gebraut. Während unserer Reise haben wir zwei einheimische Sorten kennengelernt. Meistens trinken wir „Star“, heute aber gibt es „Club“. Beide Sorten schmecken ganz gut und bei dieser Hitze ist ein kühles Bier immer willkommen. Danach fahren wir zurück nach Tafi Atome ( Beitrag zum Dorfleben).

Hühnchenreste aus Europa

Weißbrot und Omelette zum Frühstück

Nach einer kurzen Nacht und noch vor dem Frühstück fahren wir nach Tafi Atome und machen einen Spaziergang durch den dortigen Regenwald (Beitrag Monkey Sanctuary ). Als wir gegen neun Uhr in unsere Unterkunft zurück kommen, verlangt es uns nach Kaffee und Tee. Wir nehmen wieder draußen auf der Terrasse an dem großen Tisch Platz. Der Kaffee müsse erst noch im Dorf besorgt werden. Das dauert eine Weile. Plötzlich vernehme ich den Geruch nach gebratenen Eiern. Oder bilde ich mir das vielleicht nur ein? Der Hunger könnte solche Halluzinationen durchaus auslösen. Kofi geht in die Küche und fragt nach. Der Kaffee ist noch nicht da und das mit dem Tee war auch nicht so richtig verstanden worden. Schließlich gibt es heiße Milch mit Zucker und löslichem Kakao. Schmeckt ganz gut! Und dann kommt das Wichtigste. Für jeden gibt es zwei dicke Scheiben Weißbrot und Omelette. Das ist zwar ein wenig versalzen. Aber inzwischen sind unsere Ansprüche wirklich ganz gering. Wir sind ja in keinem betriebsbereiten Hotel mit Koch und Kellnern. Wir sind froh, dass wir hier überhaupt schlafen durften und dafür war die provisorische Bewirtung doch ganz gut. Ob das bei uns in Deutschland auch so geklappt hätte, wage ich zu bezweifeln. Auf jeden Fall sind wir um eine Geschichte reicher. So schnell werden wir diesen Aufenthalt sicher nicht vergessen.

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