Elmina Castle und der Sklavenhandel

Wir erreichen das erste Ziel unserer Rundreise: Besichtigung von Elmina Castle mit den Schwerpunkten Sklavenhandel in Ghana und Atlantischer Dreieckshandel (Austausch der “Waren” zwischen Europa/Afrika/Amerika).

Heute ist Elmina ein Fischerort mit rund 26 Tausend Einwohnern, süd-westlich von Accra gelegen. Siehe hierzu auch den Beitrag “In den Straßen von Elmina”. Hauptattraktionen sind die bunten Fischerboote am Hafen, das direkt am Meer gelegene Fort Sao Jorge da Mina und das etwas höher liegende Fort St. Jago da Mina. Aber die Stadt hat eine dunkle Vergangenheit.

Elmina Castle

Das Fort Sao Jorge da Mina – heute besser bekannt als Elmina Castle – wurde ursprünglich von den Portugiesen im 15. Jahrhundert als Militär- und Handelsstützpunkt angelegt und später Hauptquartier der Niederländer in Westafrika. Elmina war damit ein für den Handel sehr bedeutender Ort an der Goldküste, dem heutigen Ghana. Nachdem der Handel sich zunächst auf Elfenbein, Gold, Pfeffer und Zucker erstreckte, kam später der Handel mit Menschen hinzu. So wurde das Fort unter Herrschaft der Niederländer erheblich erweitert und umgebaut und diente vorwiegend dem Sklavenhandel. Hier wurden die Gefangenen oft monatelang in den dunklen Kerkern festgehalten bis die Schiffe sie nach Amerika brachten.

Sklavenhandel

Wenn man das Wort Sklavenhandel hört, dann denkt man zunächst an das furchtbare Schicksal all dieser Menschen, die gegen ihren Willen eingefangen und in Kerker gesperrt worden sind. Personen, die zur bloßen Ware degradiert worden waren. Alte und Kranke wurden gleich umgebracht, die starken und arbeitsfähigen Frauen und Männer wurden mit Schiffen nach Übersee verfrachtet. Die Sklaven wurden in diesen Frachtern regelrecht gestapelt. Viele von ihnen verstarben unter elendigen Bedingungen bereits bevor das Schiff Amerika erreichte. Diejenigen, die die Überfahrt überlebt hatten, kamen zumeist zu ausbeuterischen und grausamen Farmern, wo sie bis zum Umfallen arbeiten mussten. Dass Menschen als Sklaven ausgebeutet wurden, gab es in den unterschiedlichsten Ausprägungen schon seit dem Altertum. Aber Ende des 17. Jahrhunderts gab es einen geschäftsmäßigen Handel mit vorwiegend Schwarzafrikanern in bisher nie da gewesenem Ausmaß.

Atlantischer Dreieckshandel

Der Dreieckshandel bestand aus drei Stationen des Handelns. Die Europäer brachten den Afrikanern vor allem Waffen. Im Gegenzug lieferten diese zunächst Gold, später vorwiegend arbeitsfähige Sklaven. Aufgrund der großen Nachfrage begann innerhalb der Stämme und Dörfer in Afrika eine regelrechte Menschenjagd. Von Westafrika aus wurde diese „Ware“ nach Amerika verschifft. Dort wurden jede Menge Arbeitskräfte auf den Zuckerrohr, Baumwoll-, Kaffee-, Kakao- und Tabakplantagen sowie in Bergwerken benötigt. Die Europäer erhielten von den Plantagenbesitzern Rohrzucker, Rum und Baumwolle. Diese Güter konnten in Europa wiederum mit Gewinn verkauft werden. Erst 1807 hat man diese Art von Sklavenhandel durch England verboten. Wer mehr über dieses Thema wissen möchte, dem sei die Reportage „Das barbarische Dreieck“ von Claudia Oberascher zu empfehlen. Sie beschreibt die Zusammenhänge und die Ausmaße dieses Sklavenhandels sehr eindrucksvoll. Die Reportage gibt es für 0,99 Euro als Kindle e-book bei Amazon.

Geschichtsvergessenheit

Über diese Tatsache, dass die Europäer Menschen in Afrika nicht etwa ohne Gegenleistung eingefangen, sondern im Tauschgeschäft von den Stammesführern erworben haben, erfährt man ohne intensive Recherche kaum etwas. Diese dunkle Vergangenheit verdrängt man anscheinend in Afrika bis heute. Meines Erachtens fühlt sich Afrika hier zu Unrecht in der alleinigen Opferrolle. Wer so aktiv am Menschenhandel mitgewirkt hat, hat nicht das Recht alle Schuld auf die Europäer abzuwälzen und hieraus auch heute noch den moralischen Anspruch auf Entschädigungen ableiten zu wollen. Hier wäre es an der Zeit, sich mit der eigenen Geschichte auch aus dieser Perspektive auseinanderzusetzen. Andererseits weiß ich als Deutsche, wie schwer eine solche Vergangenheitsbewältigung sein kann. Und letztendlich entschuldigt dies auch nicht die brutale, unerträgliche Behandlung der Sklaven auf dem Transportweg durch die Europäer und in der Gefangenschaft der Amerikaner.

Besichtigung Elmina Castle

Elmina Castle ist eins der gut erhaltenen Forts in Ghana, das man auch besichtigen kann. Nachdem Gabriel – unser Reiseleiter – den Eintritt bezahlt hat, betreten wir den Innenhof des Forts. Dort befindet sich ein kleines Museum, wo wir ein wenig über die Geschichte Elminas erfahren. Für einen Rundgang durch die Anlage schließen wir uns einer Gruppe an, die überwiegend aus Afro-Amerikanern besteht. Was geht in diesen Köpfen wohl vor. Sie haben sich offensichtlich auf die Suche nach ihren Wurzeln begeben. Für sie muss dieser Ort schmerzvolle Gefühle hervorrufen. Noch viel mehr als ich es nachempfinden kann, als Weiße. Welch ein Leid haben ihre Vorfahren hier erlitten. Und immer noch gibt es Rassismus in Amerika und auch in der übrigen Welt.

Dunkle Verliese

Wir betreten die Kerker, in denen die Sklaven auf ihre Verschiffung gewartet haben. Es sind dunkle Verliese. Nur durch winzige Öffnungen der massiven Türen zum Innenhof scheint ein wenig Licht in diese dunklen Höhlen. Am Boden sind vereinzelt Fußfesseln in ihren Verankerungen geblieben, die an das schreckliche Schicksal der gefangenen Insassen erinnern sollen. Aber auch ohne diese Reliquien spürt man die Qualen, die der Einzelne hier einst hat erleiden müssen. Als die Gruppe in einem der Räume den Schilderungen des Reiseleiters lauscht, schließt ein anderer die Tür. Ein Raunen geht durch die Gruppe. Auch ich bekomme eine Gänsehaut. Aber nach ein paar Sekunden wird die Tür wieder geöffnet. Erleichterung macht sich breit. Wir sind in Freiheit.

The room of no return

Abschließend bringt uns der Reiseleiter zu dem Raum, von dem aus der direkte Zugang ins Schiff führte. Dieser Raum wird „The room of no return“ genannt. Von hier aus trieb man die Sklaven in Massen in die engen Schiffsbäuche. Für viele war das der letzte Blick in den Himmel und auf das Meer. Denn die meisten der Sklaven erreichten Amerika gar nicht. Sie starben unterwegs und ihre Leichname wurden von Bord geworfen.

Freiheit

Wie kostbar ist Freiheit. Wie selbstverständlich ist ein selbstbestimmtes Leben heute für uns. Mir wird einmal mehr bewusst, wie wichtig es ist, alles dafür zu tun, dass wir auch in Zukunft in Freiheit leben können. Wenn ich heute beispielsweise die Entwicklung in Amerika unter Trump, in der Türkei unter Erdogan oder auch unter der neuen Regierung in Polen sehe, dann ahne ich, wie vergänglich Freiheit sein kann. Niemals darf der Mensch zum Sklaven werden. Weder unter der Herrschaft eines Diktators, noch unter der Herrschaft von großen Unternehmen oder intelligenten Maschinen. Dessen sollten wir uns stets bewusst sein. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen.

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