Am Vormittag besichtigen wir die Kasbah Ait-Benhaddou, und abends genießen wir in der Altstadt von Taroudant den Sonnenuntergang.
Nach einer ruhigen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück geht es wie immer gegen 10:00 Uhr weiter. Mohammed ist pünktlich. Oft ist er sogar etwas früher da. Er sitzt dann zumeist an der Rezeption und ruft auf seinem iPad e-mails ab. In jedem Hotel – auch den kleineren – gibt es WiFi. So kann auch ich jeden Morgen meine „Welt-kompakt“ abrufen, die ich für den Kindle abonniert habe. Normalerweise möchte ich im Urlaub gar keine Nachrichten hören und sehen. Aber wenn ich schon kostenlos Internet-Zugang habe, dann nutze ich ihn natürlich. Aber wirklich nur ein paar Minuten. Die „Welt“ kann ich dann unterwegs im Auto offline lesen.
Direkt vor den Toren von Quarzazate befinden sich zwei berühmte Filmstudios. In der näheren Umgebung sind bekannte Filme, wie die „Suche nach dem Diamant vom Nil“ und die „Zehn Gebote“ gedreht worden.
Kasbah Ait-Benhaddou
Etwas weiter entfernt befindet sich die Kasbah Ait-Benhaddou, wo ebenfalls große Filme entstanden sind, so zum Beispiel „Sodom und Gomorrha“. Dort machen wir Halt. Mohammed bleibt in einem Lokal zurück, wo wir später zu Mittag essen können. Burkhard und ich machen uns alleine auf den Weg zur Kasbah. Über eine Brücke überqueren wir das breite sandige Flussbett. Zu dieser Jahreszeit hat der Fluss nur sehr wenig Wasser. Das alte Lehmdorf liegt direkt an diesem Fluß.
Über enge, verwinkelte Gassen geht es einige Meter nach oben. Hier gibt es viele Touristen. Wen wundert es. Die Kasbah gehört sei 1987 zum Weltkulturerbe und jeder, der eine Rundreise durch Marokko macht, kommt hier hin. Mehrere Gruppen schlängeln sich durch das Labyrinth. Im unteren Bereich gibt es eine Vielzahl von Läden und Tischen mit allem, was ein Touristenherz begehrt. Ketten, Armreifen, bunte Tücher, Sandalen und vieles mehr. Weiter oben wird es dann ein wenig ruhiger. Der Weg ist vielleicht für manche zu anstrengend!
Wir bleiben stehen und genießen den Blick über die Dächer und weit über das Flussbett und die Hochebene hinaus. Vieles macht einen zerfallenen Eindruck. Wenn man die Auszeichnung als Weltkulturerbe behalten möchte, dann wird man hier wohl einiges restaurieren müssen. Und die Touristenläden weiter unten passen wohl auch nicht ganz zu diesem Anspruch. Und dennoch, es ist ein lohnender Ort. Viele kleine und größere Gebäude, alle aus Lehm und reichlich verziert, sind eng miteinander verschachtelt. Eingefasst mit einer Mauer und zahlreichen Wehrtürmen. Die dicken Mauern versprechen Schutz und Schatten. Und der weite Blick von oben lässt keinen Feind unerkannt heran schleichen.
Mittagspause
Wir gehen abwärts, überqueren wieder das Flussbett und sind bald zurück in dem Restaurant, wo Mohammed auf uns wartet. Wir bestellen eine große Flasche Mineralwasser und Tajine mit Zitronenhähnchen. Hier kostet das Mineralwasser immer nur wenige Dirham. So wie in Spanien oder anderen Ländern in Südeuropa. Nur in Deutschland sind die Getränke manchmal teurer als das Essen.
Wenn wir zum Beispiel bei uns zuhause mittags in ein China-Restaurant gehen, dann kostet das Mittagsbuffet zwischen 6 und 8 Euro pro Person. Eine große Flasche Wasser kostet ebenfalls fast 6 Euro. Das steht doch in keinem Verhältnis zur Leistung. Ich werde das nie verstehen. Die sollten doch froh sein, wenn ich viel Wasser trinke. Dann esse ich doch möglicherweise auch weniger. Aber die Rechnung ist eine andere. Mit dem günstigen Mittagsangebot werden die Kunden angelockt, und über die Preise für die Getränke dann gegenfinanziert. Da soll nochmal jemand sagen, die Araber wären Schlitzohren oder würden einen über das Ohr hauen. Das können unsere Leute genauso oder noch besser, nur eben auf eine andere Art und Weise.
Die Fahrt geht weiter in Richtung Taroudant, wo wir heute übernachten werden. Wir überqueren den Anti-Atlas. Kurz vor Tazenakht machen wir noch eine Fotopause. Wir befinden uns hier auf gut 1700 Meter. Man hat einen tollen Ausblick auf die Berge. Auf einmal sehe ich am Abhang nahe bei der Straße ein kleines Steinhaus und traue meinen Augen nicht. Dort steht „Toilette“ und schon sehe ich einen Marokkaner, der dort offensichtlich darauf wartet, dass der nächste Bus mit Touristen hier anhält. Das ist bestimmt eine gute Geschäftsidee. Denn es ist nicht jedermanns (oder besser jederfrau) Sache, sein Bedürfnis in der Natur zu verrichten.
Safran aus Taliouline
Schließlich erreichen wir Taliouline. Das Dorf ist bekannt für den Safran-Anbau. Der Safran ist das teuerste Gewürz der Welt. Die roten Fäden werden aus der Krokusblüte geerntet. Jede Blüte enthält nur drei dieser Fäden, und sie müssen mühsam von Hand gepflückt werden. Natürlich möchte ich etwas mitnehmen von diesem kostbaren Gewürz. Wir kaufen direkt bei einem der Bauern vor Ort. Der Safran wird wie in einer Apotheke auf einer Waage mit Gewichten ausgewogen.
Ein Gramm soll 45 Dirham kosten. Ich kaufe schließlich 5 Gramm für 200 Dirham, das ist etwas weniger als 20 Euro. Fünf Gramm hört sich nun sehr wenig an. Aber die Fäden wiegen fast nichts und man braucht nur ganz, ganz wenig davon. Vorzugsweise in Reisgerichten, wie zum Beispiel Paella. Der Geschmack ist leicht bitter, und die Gerichte bekommen eine satte gelbe Farbe. Nach Abschluss des Kaufes trinken wir alle gemeinsam noch einen Tee, und zwar Grüntee mit Safran. Dabei erfahre ich noch, dass Safran auch der Gesundheit dient. Er wirkt positiv auf den Kreislauf und auf die Verdauung. Na ja, mit letzterer habe ich in diesem Urlaub nun wirklich kein Problem.
Wir haben die letzte Etappe für heute vor uns. Die Straße führt nun beständig abwärts und die Landschaft verändert sich. Auf circa 1000 Meter Höhe beginnt eine Steppenlandschaft mit unzähligen Arganienbäumen. Ab 600 Metern sehen wir große Orangenplantagen und ab 500 Meter riesige Felder mit Wassermelonen.
Altstadt von Taroudant
Wir erreichen Taroudant. Unser Hotel Palais Salam liegt direkt am Rande der Medina. Es gibt mehrere Bereiche, jeweils mit einem kleinen Swimmingpool. Das Ganze umgeben von einem wunderschönen Garten. Überall gibt es kleine Sitzgelegenheiten, Brunnen, einen Wasserlauf mit Schildkröten und sogar eine Voliere. Und viele kleine Katzenkinder, die am Abend unseren Tisch nicht mehr aus den Augen lassen, in der Hoffnung, dass dort einige Essensreste zu Boden fallen (oder fallen gelassen werden).
Vorher wollen wir uns aber noch die Altstadt von Taroudant ansehen. Die Medina ist von einer mächtigen 8 bis 14 Meter hohen und gut erhaltenen Mauer umgeben. Vom Hotel aus gehen wir außen entlang bis wir zu einem großen Platz mit einem mächtigen Springbrunnen kommen. Ein Stück weiter sehen wir ein großes Tor. Dort müsste ein Eingang in die Medina sein. Viele Fußgänger, aber auch Fahrradfahrer und Mofafahrer nehmen diesen Eingang. Hinter dem Tor ist direkt wieder eine Mauer, so dass es ziemlich eng wird. Ich muss aufpassen, dass ich nicht von einem Fahrradfahrer umgefahren werde.
Erst dahinter beginnt die Altstadt. Geschäfte gibt es hier nur wenige, und sie haben geschlossen. Die Souks sind am anderen Ende der Medina. Hier gibt es Wohnviertel und Hinterhöfe. Kinder spielen draußen. Die Frauen sind alle verschleiert. Man beobachtet uns. Kein Wunder. Beide laufen wir hier mit unserer großen Kamera durch die Straßen. Immer auf der Suche nach einem guten Motiv.
Fotografieren unerwünscht
Natürlich würden wir gerne die Menschen fotografieren. Aber das ist hier nicht so erwünscht. Obwohl Agadir nicht weit entfernt ist und sich hier tagsüber bestimmt viele Touristen umsehen, schaut man uns argwöhnich an. Vielleicht auch gerade deshalb. Sie denken bestimmt, jetzt lässt man uns noch nicht einmal abends in Ruhe. Vielleicht hängt es aber auch mit dem Glauben zusammen. Manche Muslime halten das Abbild von Mensch und Tier für verboten. Obwohl ein solch umfassendes Bilderverbot kaum umsetzbar wäre. Denn dann dürften in Zeitschriften auch keine Fotos enthalten sein. Wie dem auch sei. Fotos von Menschen zu machen ist in Marokko um ein Vielfaches schwieriger als in den anderen Ländern, die wir bisher bereist haben. Wir kehren wieder um und verbleiben noch eine Weile an dem schönen Platz von vorhin.
Es ist Samstag und später Nachmittag, fast Abend. Viele Marokkaner sind unterwegs. Junge Leute und vor allem Familien mit Kindern. Sie sitzen auf Bänken oder auf dem Boden der Grünflächen im Schatten der Mauer. Sie stehen am Springbrunnen oder flanieren über die breite Promenade. Die Kinder spielen gemeinsam oder mit ihren Vätern. Die allmählich untergehende Sonne taucht alles in ein goldenes Licht. Wir setzen uns noch einen Augenblick auf eine Bank und beobachten das Treiben. Und wieder neigt sich ein abwechslungsreicher Tag voller neuer Eindrücke seinem Ende zu.