Einen ganzen Tag verbringen wir in Fes, so dass wir ausreichend Gelegenheit haben uns die alte Stadt, Fes el Bali und das berühmte Gerberviertel anzuschauen.
Modernes Hotel in Fes
Vom Paradies in die Hölle. So oder so ähnlich fühle ich mich heute morgen. Wieso? Wir sind hier in Fes in einem 4-Sterne Hotel untergebracht. Genau, untergebracht ist das richtige Wort. Nicht, dass die Zimmer oder das Essen schlecht wären. Vermutlich wären 95 Prozent aller Leute zufrieden und glücklich. Mich aber machen dieser Lärm und diese Menschenmenge fast krank.
Fes el Bali, der alte Stadtteil
Um 10:00 Uhr geht es in den alten Stadtteil von Fes. Zunächst umrunden wir den Stadtkern mit dem Auto und halten an einer kleinen Festung an, von wo aus man einen schönen Überblick über die weißen Dächer von Fes hat. Danach besichtigen wir den Königspalast von außen und gehen durch das ehemalige Judenviertel, die Mellah. Heute leben in diesem Viertel überwiegend ärmere Marokkaner.
Wir haben heute unsere ganz persönliche lokale Reiseführerin. Sie heißt Karima. An der Universität in Fes hat sie Deutsch studiert. Sie begleitet uns den ganzen Tag durch das Labyrinth der engen Gassen. Nichts hat sich verändert in den 15 Jahren, die es her ist, dass ich mit Gisela, einer Arbeitskollegin, gemeinsam hier war. Noch immer sind es Esel und Mulis, die die schwereren Lasten transportieren. Auch den Coca-Cola-Esel gibt es noch. Fes ist wirklich unvergleichlich.
Handwerk aus Tradition
Hier hat Handwerk noch Tradition. Jede Handwerkergilde hat ihren eigenen Bereich. Hier die Schumacher, dort die Schneider, ein paar Gassen weiter die Kupferschmiede. Auch die Lebensmittelhändler sind nach Bereichen aufgeteilt. In der einen Gasse riecht es intensiv nach Gewürzen, in einer anderen Ecke verraten die vielen Fliegen, dass es dort frisches Fleisch bzw. ein paar Meter weiter frischen Fisch gibt. Ich kann und will hier nicht alles aufzählen. Eins sei aber gesagt. Es erscheint mir unwahrscheinlich, das hier irgendein Wunsch unerfüllt bliebe. Viele kleine Läden haben nur eine Theke zur Gasse hin, ohne Eingang. Über der Theke hängt an einer schweren Eisenkette ein Griff. Karima erklärt uns, dass die Händler sich am Feierabend mit diesem Griff über die Theke schwingen – sie sagt scherzhaft „wie Tarzan“.
Reges Treiben ohne Hektik
Obwohl die Gassen eng sind und viele Menschen hier ihren Weg suchen, und mittendrin auch noch die Esel Platz beanspruchen, kommt keine Hektik auf. Es herrscht ein reges Treiben, aber die Menschen bleiben gelassen und nehmen Rücksicht aufeinander. Kein Vergleich mit dem Gefühl der Enge und Bedrängnis, das bei mir immer aufkommt, wenn ich samstags in Düsseldorf oder Köln einen Einkaufsbummel machen möchte.
Gerberviertel und Weberei
Karima wird gar nicht müde, uns all die interessanten und schönen Stellen ihrer Stadt zu zeigen. Wir sehen die Gerber, die auf den Dächern nach uralter Tradition die Lederhäute zum Trocknen ausbreiten und in großen Bottichen mit Naturfarben färben. Wir dürfen in einer Weberei ein paar Knoten selber knüpfen und bekommen eine Ahnung davon, wie konzentriert man diese Arbeit ausüben muss. Ich versuche dem oft aufkommenden Wunsch etwas von den vielen schönen Dingen zu kaufen, die hier in Handarbeit – und nicht made in China oder Taiwan – hergestellt werden, zu widerstehen. So ganz gelingt es mir nicht. Einen Gürtel aus hellem Leder und einem Muster mit dunklen Lederstreifen sowie einen handgewebten Tischläufer in rot-orangen Tönen habe ich dann doch für kleines Geld erstanden. Dazu sei gesagt, dass bei diesen Handwerkern, im Gegensatz zum Markt, nicht gehandelt wird.
Ein Wunsch geht in Erfüllung
Und einen weiteren Wunsch erfülle ich mir. Dies war allerdings geplant. Ein rundes Silbertablett mit typisch marokkanischen Muster und eine kleine Silberkanne. Damit wir künftig unseren Tee mit Minze auch zuhause stilvoll genießen können. Karima hat uns zu einem Silber- und Kupferschmied geführt, der sein Handwerk schon sehr lange in alter Tradition ausführt. Obwohl er ohne Pause in Arabisch und Französisch mit uns sprach, und wir eigentlich kein Wort verstanden haben, sagte Burkhard mir nachher, er habe dennoch verstanden, was er uns sagen wollte. Nun, wir haben zwei wirklich schöne Teile ausgesucht. Die Teekanne hatte ein paar kleine Rostflecken. Aber wir wollten keine hochglänzende, die nach Fabrikware aussieht. Also haben wir eine Kanne mit „Patina“ gekauft. Wir selber sind ja auch nicht mehr die Jüngsten, und mit ein paar Falten sind wir ja trotzdem noch etwas wert.
Zum Abschluss führt uns Karima noch in ein kleines Restaurant in der Medina, wo es typische marokkanische Gerichte gibt. Wir wählen eine sehr schmackhafte Pastete aus Blätterteig, gefüllt mit Hähnchenfleisch, Mandeln und vielen Gewürzen. Sie ist mit Zimt bestäubt und schmeckt sehr aromatisch.
Zurück im Hotel bin ich noch ganz gefangen von den vielen Eindrücken, die ich an diesem Tag aufgenommen habe. Trubel und Lärm lassen die schöne Stimmung leider sehr schnell verfliegen. Ich sehne den nächsten Tag herbei, der uns hoffentlich in die Stille der Wüste bringen wird.
Avenue Hassan II. – die Ville Nouvelle von Fes
Vor dem Abendessen machen wir noch einen Spaziergang über die nahe gelegene Avenue Hassan II. Ich will vorsichtshalber an einem Bankautomaten noch etwas Geld abheben, bevor wir weiter ins Landesinnere reisen. Es ist wirklich eine Prachtpromenade mit breiten Gehwegen auf beiden Seiten und einer schattigen baumbestandenen Allee in der Mitte. Hier befinden sich zahlreiche Cafes und Restaurants, auch Fast-Food-Imbisse.
Nach längerem Suchen finden wir schließlich auf der anderen Straßenseite mehrere Banken dicht nebeneinander. Ich versuche mein Glück bei Banque Populaire. Man kann die Sprache wählen, zur Auswahl stehen Arabisch, Englisch und Französisch. Obwohl ich annehme, dass mein Englisch für die Bedienung eines Bankautomaten ausreichen sollte, komme ich nicht klar. Bereits bei der ersten Entscheidung, die ich treffen muss, erkenne ich nicht, was ich nun machen soll. Burkhard geht es nicht besser. Wir entscheiden uns für eine Taste. Aber offensichtlich waren es die falschen. Meine Karte wird nicht akzeptiert!! Nun befürchte ich, dass ich bei weiteren Versuchen am Ende ohne Karte dastehen werde. Also spreche ich einen Marokkaner an, der gerade zusammen mit seiner Tochter in der Nähe steht und in meinen Augen vertrauenswürdig erscheint. Er hilft mir schließlich bei der richtigen Tastenauswahl und ich kann den Höchstbetrag abheben, das sind 2000 Dirham, als etwas weniger als 200 Euro. Zusammen mit dem Geld, das ich am Flughafen bereits getauscht hatte, sollte das eine Zeit lang ausreichen.